Gemeinsame Pressemitteilung der Diakonischen Werke und der Kindertagesstättenverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein
(Hamburg/Rendsburg, 18.11.2003) "Die evangelische Kirche braucht ihre Kindergärten", kontert Landespastorin Petra Thobaben, Vorstandssprecherin des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein, gegenüber dem Hamburger Propstkandidaten Peter Kruse. Dieser hatte den evangelischen Kindergarten öffentlich zur Disposition gestellt. Thobaben: "Die Gesellschaft braucht die kirchlichen Werte, die Kirche die jungen Familien, die Familien den Kindergarten." Der evangelische Kindergarten sei häufig Dreh- und Angelpunkt kirchlichen Lebens.
Landespastorin Annegrethe Stoltenberg, Diakoniechefin in Hamburg, dazu: "Bei den Kindertagesstätten von Reparaturbetrieb des Kapitalismus zu sprechen, ist völlig widersinnig. Wo denn sonst, wenn nicht in den Ev. Kitas haben Kinder die Möglichkeit, mit Gott groß zu werden!"
Markus Potten, Geschäftsführer des Verbandes Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein (VEK) und zugleich Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung evangelischer Kindertagesstätten: "Die evangelische Kirche in Deutschland hat den Kindergarten immerhin erfunden, er ist ihr ureigener Exportschlager."
Hartmut Sauer, Vorstand Soziales und Ökumene des Diakonischen Werkes Hamburg: "Das Kirchenverständnis von Pastor Kruse steht im Widerspruch zur Verfassung der Nordelbischen Kirche."
"Mit der Taufe übernimmt die Evangelische Kirche Verantwortung für die allgemeine und religiöse Entwicklung der Kinder. Kirche nimmt diese Verantwortung wahr, in dem sie die Kinder begleitet und die Familien unterstützt. Bei dieser Begleitung kommt der evangelischen Kindertageseinrichtung in der Kirchengemeinde eine große Bedeutung zu", erklärt Propst Matthias Bohl, Vorsitzender des VEK. "Die Kirche muss sich in diesem großen Arbeitsfeld dringend neu positionieren." Dies bedeutet aus Sicht der evangelischen Kitaverbände auch, die bestehenden Angebote fortzuführen und sie nicht bei knapper werdenden Finanzen leichtfertig zur Disposition zu stellen.
"Statt das oft einzige diakonische Standbein der Kirche in Frage zustellen, das noch unmittelbar vor der Haustür zu finden ist und die kirchliche Botschaft den Familien sozusagen ins Haus bringt, sollte die Kirche diesen großen Schatz lieber pflegen", so Markus Potten.
"An solchen Entscheidungen lässt sich ermessen, wie ernst es die Kirchengemeinde mit ihren jungen Mitgliedern - den Familien - meint.", stellt Regina Schulze, Geschäftsführerin des Evangelischen Kindertagesstättenverbandes Hamburg, fest. Kirchengemeinden sollten die Kindergärten in ihrem Tun und Handeln weiterhin unterstützen und sie dazu ermuntern, ihre gute Qualität zu beschreiben und weiter zu entwickeln.
"Den staatlichen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag nehmen Kirchengemeinden, Kirchenkreise oder Diakonische Vereine als Rechtsträger von evangelischen Kindergärten in eigener Verantwortung wahr", so Propst Bohl. "Mit den Zielen, Inhalten und Formen der Arbeit, die vom christlichen Menschenbild geprägt sind, geben die evangelischen Kindertageseinrichtungen ihrer Arbeit ein besonderes Profil", erklärt er dazu. "Dieses besondere Profil erkennt man an einer integrierten religionspädagogischen Arbeit, die in das Leben der Kinder und ihrer Familien hineinwirkt: Die Mitarbeitenden der Kindertageseinrichtungen tragen den kirchlichen Auftrag durch ihre Arbeit weiter."
Kirche müsse sich der Frage stellen: "Wie können wir uns als Kirche und Diakonie im Spannungsfeld von inhaltlichen Ansprüchen und finanziellen Veränderungen weiter positionieren und unsere Aufgabe als Träger von evangelischen Kindertageseinrichtungen wahrnehmen?"
Dies gelte es in großer Verantwortung für die evangelischen Kindertageseinrichtungen vorzunehmen - in Schleswig-Holstein sind das rund 624 mit etwa 32.000 genehmigten Plätzen und 3.685 pädagogischen Mitarbeitenden; in Hamburg ist die Diakonie mit 168 Einrichtungen der zweitgrößte Anbieter mit knapp 10.000 Plätzen und rund 1.000 pädagogischen Mitarbeitenden.